OEM & Lieferant Ausgabe 1/2022

14 Recht Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („LkSG“): Was hat die Automobilindustrie zu beachten? Von Dr. Paul Klickermann, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Auch wenn die Automobilindustrie zunehmend auf regionale Lieferketten zurückgreift, ist sie vom LkSG, das am 11. Juni 2021 im Bundestag beschlossen wurde und am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, betroffen. Angesichts der zunehmenden Nachfrage zur E-Mobilität werden bei den Schlüsseltechnologien Batterien und Halbleiter benötigt, die nur weltweit besorgt werden können. Dies bedeutet, dass die Unternehmen aller Branchen und das Supply Chain Management (SCM) Menschen- und Umweltrechte beachten müssen, die den gesamten Wertschöpfungsprozess von der Rohstoffgewinnung über die Veredelungsstufen bis hin zum Endverbraucher im Blick haben müssen. Im Vordergrund steht die Verhinderung von Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung und mangelnder Sicherheitsstandards entlang der Lieferkette. Neben der Wahrung der Menschenrechte müssen die Unternehmen auch dem Schutz der Umwelt nachkommen. Die Prinzipien beruhen insbesondere auf den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der UN. Um das Thema proaktiv anzugehen, sind die Unternehmen durch das neue Gesetz aufgefordert, ihre globalen Wertschöpfungsketten auf den Prüfstand zu stellen und für Transparenz zu sorgen. I. Territorialität und Unternehmensgröße Das LkSG hängt im Wesentlichen von zwei Voraussetzungen ab: Das Unternehmen muss einen territorialen Bezug zu Deutschland haben und eine bestimmte Größe besitzen. Alle Unternehmen nach deutschem oder ausländischem Recht sind unabhängig von ihrer Rechtsform betroffen, wenn sie ihren Hauptverwaltungs- oder Satzungssitz oder ihre Hauptniederlassung im Inland haben. Zweigniederlassungen in Deutschland und deutsche Tochterunternehmen können ebenfalls in den Anwendungsbereich fallen. Handelsplattformen oder Internetversandhändler sind leider noch nicht erfasst, sollen aber noch zu einem späteren Zeitpunkt einbezogen werden. Das jeweilige Unternehmen muss in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer/ innen im Inland beschäftigen, wozu auch etwaige ins Ausland entsandte Arbeitnehmer zählen. Leiharbeitnehmer, die länger als sechs Monate in einem Unternehmen beschäftigt sind, sind bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl zu berücksichtigen. Durch den Konzernverbund wird dies in der Automobilbranche erreicht. Ab dem 1. Januar 2024 sinkt der Schwellenwert auf 1.000 Arbeitnehmer. II. Verantwortung für die Lieferkette Für dieUnternehmen ist vonentscheidender Bedeutung, wie weit deren Verantwortung reicht. Denn ein Unternehmen kann die gesamte Wertschöpfungskette bei den komplexen Liefernetzwerken nicht umfassend prüfen. Sie können aber Zulieferer im In- und Ausland und Unternehmen, mit denen sie in Geschäftsbeziehung stehen, bei der Umsetzung der allgemeinen Sorgfaltspflichten unterstützen und bei Verstößen in den Lieferketten auch Konsequenzen ziehen. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber einen Ansatz gewählt, der die Unternehmen nicht mit Prüfungspflichten überfordert. Der Begriff der Lieferkette wurde weit gefasst. So sollen sämtliche Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens erfasst werden. Umfasst werden alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind – also der gesamte Weg von der Rohstoffgewinnung bis zur Lieferung an den Endkunden. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen dem eigenen Geschäftsbereich und zwischen mittelbaren und unmittelbaren Zulieferern. Die Überprüfungspflicht gilt zwar für die gesamte Lieferkette, jedoch muss im unmittelbaren Geschäfts- und Zulieferbereich ein entsprechendes Einflussvermögen bestehen. Bei mittelbaren Zulieferern sind wesentliche Maßnahmen (Risikoanalyse, Prävention) nur anlassbezogen geschuldet … Bild: © Kai Myller Weiterlesen https://t1p.de/zvk7 Dr. Paul Klickermann Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Kläner Rechtsanwälte, Koblenz, Lehrbeauftragter der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)

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